Startseite Ein wenig Physik zum Verständnis

Ein klein wenig Physik kann helfen, das Verständnis für viele (alle?) Techniken zu fördern. Es gab da, so glaube ich, mal ein weises Wort, nach welchem das Verstehen die edelste Art des Lernens ist. Wesentlich edler jedenfalls als das stumpfe Nachäffen von Bewegungen. Letzteres ist nur die bequemste Art des Lernens.

Wie wird die Energie eines Schlages oder Trittes also physikalisch effizient 'an den Angreifer gebracht'?
Nun, hierfür ist die 'kinetische Energie' ausschlaggebend. Diese ist in unserer Hand/Faust/unserem Fuß etc. enthalten, welche gen Angreifer geschleudert werden und diesem Einhalt gebieten sollten. Die kinetische Energie ist umso wirksamer, je größer sie ist. Logisch. Im Ziel, also auf dem Körper des Angreifers, wird diese Energie in 'Arbeit' umgewandelt. Und zwar in Bewegung (= der Gegner wird weggeschoben) und Verformung (= der Gegner wird 'verbeult', also deformiert). Und je stärker die Deformation, desto größer der Schaden beim Angreifer und desto besser für uns.
Die kinetische Energie berechnet sich wie folgt:

Kinetische Energie=Masse multipliziert mit dem Quadrat der Geschwindigkeit geteilt durch zwei - also (m*v^2)/2. Was sagt uns das nun?

Es gibt zwei entscheidende Variablen hier: die Masse m, die wir beim Schlagen einsetzen. Also das Gewicht des Körpers bzw. des ausführenden Körperteils, sowie die Geschwindigkeit v, auf die wir dieses Körperteil beschleunigen. Erhöhen wir Masse und Geschwindigkeit, so wird sich auch die Energie erhöhen, mit der der Schlag ausgeführt wird. Schauen wir uns die gerade dargestellte Formel genauer an, so werden wir bemerken, daß eine Erhöhung der Geschwindigkeit größeren Einfluß auf die Energie hat, als eine Erhöhung der Masse: schließlich wird die Geschwindigkeit 'im Quadrat' an der Berechnung der Energie beteiligt, die Masse dagegen lediglich linear.
Schlußfolgerung: es ist wesentlich effektiver und besser, an der Geschwindigkeit der Technik zu feilen, als das eigene Gewicht zu erhöhen.

Nun, dies bringt aber alles ziemlich wenig, wenn der getroffene Gegenstand (Körper/Körperteil des Gegners) härter ist als unser eigener Körperteil, mit dem wir treffen. Da wir beim Gegner möglichst viel 'Deformation' hinterlassen wollen, sollte unser Körperteil möglichst hart, die Zielgegend beim Angreifer möglichst weich (oder bei gleicher/ähnlicher Härte zumindest nachgiebig) sein. Effektiv ist es also, mit der Faust in die Weichteile des Angreifers zu stoßen (oder an das nachgiebige Kinn, gemeint ist selbstredend unser aller wackeliger Unterkiefer ;-) ), dagegen kann es z.B. für uns sehr schmerzhaft sein, mit einer nicht richtig geschlossenen Faust den knüppelharten (gebeugten und unnachgiebigen) Ellenbogen des Gegners zu treffen. Einleuchtend, oder?

Zusammenfassendes Beispiel: Wir drücken mit unserem ganzen Körper langsam einen vor uns liegenden empfindlichen Gegenstand, sagen wir mal eine Wassermelone, weg. Die Melone steht für einen empfindlichen Körperteil unsererseits. Das Wegschieben entspricht dem langsamen Einsatz einer hohen (Körper)masse. Ergebnis: nun, eigentlich nichts. Eben nur sanftes Wegschieben. Gegenbeispiel: wir bleiben stehen, boxen aber mit der Faust (die für sich genommen ein relativ geringes Gewicht hat) schnell auf eben diese Melone. Dieser wird entweder nach hinten weggeschleudert, einen Riß bekommen oder platzen. Sie zeigt also hohe Wirkung.
Woran liegt das? Nun, schieben wir die Melone einfach weg, wird sie einfach nur beschleunigt. Die höhere Härte unserer Faust kommt nicht zum Tragen, die Melone wird nicht deformiert. Bei einer Technik gegen einen Gegner soll derselbe aber möglichst nicht weggeschoben, sondern 'verbeult' werden.
Bei dem schnellen Faustschlag wirkt sich die Härte unserer Faust aus: die (weichere) Melone wird deformiert, die in Arbeit umgesetzte kinetische Energie läßt sie wegspringen, Risse bilden oder platzen. Und eben das soll erreicht werden.
Bedenkenswert ist weiter die Auftrefffläche: je kleiner die Fläche, desto größer die Wirkung, bzw. Deformation. Ideal wäre folglich, immer mit den Finger-/Zehenspitzen zu treffen. Da die der dann auftretenden Belastung jedoch nicht stand halten können, weil sie ihrerseits nicht stabil genug sind, wäre es natürlich Blödsinn, auf solche Treffer auszusein. Es gilt also stets, einen guten Kompromiß zwischen kleiner Auftrefffläche und Stabilität des Körperteils zu finden. Ein solcher guter Kompromiß ist dabei eben die Vorderfläche der geballten Faust.

Dazu ließe sich sicher noch einiges sagen und verfeinern. Ich hoffe aber, daß durch diese Ausführungen das Prinzip klar geworden ist ;-) .


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© 1998 Christian Stücke