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Kinder und Selbstverteidigung


'Selbstverteidigung für Kinder'? Nein, die gibt's nicht, jedenfalls nicht vom technischen Aspekt her. Deshalb ja auch die Überschrift 'Kinder und Selbstverteidigung'. Dabei soll (vorerst) nur das Thema 'Gewalt gegen Kinder' angerissen werden.

Kinder können sich bis zu einem gewissen Alter aufgrund ihrer noch schwachen Physis nicht oder nur schlecht gegen Angriffe von Erwachsenen verteidigen. Eine 'Selbstverteidigung' muß daher unbedingt auf Prävention aufbauen.

Wie soll Gewalt gegen Kindern präventiv begegnet werden?
Eine, wenn nicht gar die entscheidende Rolle kommt dabei dem Elternhaus und der Erziehung durch die Eltern zu. Die Eltern sind das Vorbild des Kindes. Die Eltern haben die Sorge für ihr Kind. Ihnen obliegt es, dem Kinde Werte und Disziplin beizubringen. Dabei soll 'Disziplin' nicht mit militärischem Drill und Strafe verwechselt werden. 'Disziplin' bedeutet, dem Kind zu sagen, was 'richtig' ist. Damit obliegt ihnen auch, dem Kind zu sagen, was 'gut' und was 'schlecht' ist. 'Schlecht' ist es beispielsweise, zu fremden Menschen ins Auto zu steigen. 'Schlecht' ist es auch, vom 'guten Onkel' betatscht zu werden. Eine Sensibilisierung kann schon dadurch erreicht werden, daß darauf geachtet wird, daß nicht jeder (und sei's in noch so guter Absicht) den 'süßen Fratz' berührt oder ihm Geschenke gibt. Das wird dann für das Kind normal. Und das sollte es eben gerade nicht werden.

Hierbei sollte aber insgesamt darauf geachtet werden, dem Kind keine unnötige Angst zu machen. Ausschmückende Schilderungen 'was passiert, wenn' verursachen nur unnötige Alpträme. Das Kind muß unbedingtes Vertrauen zu den Eltern haben. Nur dann wird es ihnen auch sagen, wenn etwas ungewöhnliches vorgefallen ist. Wenn der Verdacht gegeben ist, daß etwas vorgefallen ist - in ruhigem Tonfall fragen. Auch wenn es schwerfällt - keine Panik oder Hektik zeigen. Das Kind reden lassen. Ihm keine Worte in den Mund legen. Und vor allem nicht unter Druck setzen.

Neben Regeln, die 'Gut' und 'Böse' berühren, können Verhaltensregeln vorgegeben werden, etwa in der Art, dem Kind vorzuschreiben, daß es nur dann weggehen darf, wenn jederzeit klar ist, wo es sich befindet. Und dem Kind vorschreiben, erst um Erlaubnis zu fragen, bevor es mit jemandem mitgeht oder mitfährt. Einfaches 'geh nicht mit Fremden' oder 'sprich nicht mit Fremden' ist für das Kind möglicherweise mißverständlich. Jemand, der immer wieder an mehreren Tagen an dem Kind vorbeigeht, ist dann eben kein Fremder mehr, und das Kind wird nicht verstehen, weshalb es gegen die Regel verstoßen hat.

Weiter noch: das Kind sollte nach Möglichkeit nicht unbeaufsichtigt gelassen werden. Klar, geht nicht immer. Deswegen ja auch 'nach Möglichkeit'. Sollte das Kind einmal 'verloren gehen', so sollte es zumindest in der Lage sein, sich ein wenig selbst helfen zu können. Es sollte jedenfalls nicht so wenig wissen, daß es irgendwo weinend in einer Ecke stehen bleibt. Hilfreich ist es, dem Kind so früh wie möglich beizubringen, eine Telefonnummer (Adresse) zu erlernen, unter der ein Elternteil oder ein anderer Verwandter erreichbar ist (üben, üben, üben, abfragen und wieder üben!). Logischerweise sollte dann auch der Gebrauch eines Telefons eingeübt werden.

Erziehern oder Lehrern sollte überdies mitgeteilt werden, wer Zugang zum Kind haben darf, es ggf. auch abholen kann. In Zweifelsfragen sollte verlangt werden, daß beim Erziehungsberechtigten zunächt Rückfrage genommen wird.


Was bleibt jenseits der Prävention? Welche Selbstverteidigungsart ist die sinnvollste für Kinder?

Dem Kind sollte vermittelt werden, daß es dort am ehesten Hilfe bekommt, wo viele Erwachsene versammelt sind, z.B. in Restaurants, Kaufhäusern, Läden... Weiter sollte das Kind in einer bedrohlichen Situation versuchen, die Aufmerksamkeit anderer Erwachsener auf sich zu ziehen, etwa durch lautes Schreien und Wegrennen von der bedrohenden Person. Das allein wird hoffentlich schon genügen, um einen Angreifer davon abzubringen, sich an einem Kind zu vergreifen.

Was gezieltes Selbstverteidigungstraining angeht teilen wir am besten zunächst mal nach Altersstufen auf. Die Altersangaben sind dabei allerdings auf keinen Fall als fix zu verstehen, der Entwicklungsstand ist immer zu berücksichtigen. Also:
Kindern bis etwa einem Alter von 4-6 Jahren etwas wie Kampfsport oder Selbstverteidigung beibringen zu wollen, wird in der Regel nicht klappen. Die für das Erlernen und die Ausführung der Übungen nötige Geduld und Konzentration wird noch nicht ausreichend sein.
Ab einem Alter von 4-6 Jahren können Kinder bereits in Gruppen Übungen durchführen, die auf etwas wie 'Selbstverteidigung' vorbereiten. Gut geeignet ist dabei Judo. Da können die Kurzen unter der Anleitung eines guten Jugendtrainers die Basics der Fallschule und einige Griffe lernen. Nebenbei wird das soziale Verhalten in der Gruppe geschult. Auch hierfür ist Judo bestens geeignet: die Übungen werden nicht an einem 'Gegner', sondern mit einem Partner ausgeführt. Das bringt mit sich, daß ein gewisses Maß an Verantwortlichkeit für den Anderen geschaffen wird, welches den Kindern auch vermittelt wird. Weniger gut geeignet sind in diesem Zusammenhang 'harte' Kampfsportarten, ebensowenig wie die Selbstverteidigungstechniken, die vorwiegend auf diesen Seiten beschrieben werden. Sie setzen einen 'Gegner' voraus, der zu besiegen ist. Die 'Gewalttätigkeiten', die bei diesen Techniken ausgetauscht werden, sind nicht unbedingt zur Ausbildung einer konfliktvermeidenden Persönlichkeit geeignet, um's mal so auszudrücken. Ausnahmen, also in ihrer Persönlichkeit bereits recht stabile Kinder, gibt's immer. Dennoch ist es sinnvoll, auch diese Kinder zunächst einmal von 'harten' Techniken fernzuhalten.

Davon einmal abgesehen - dies soll nicht bedeuten, daß andere (sogar ´harte´) Kampfsportarten für Kinder grundsätzlich ungeeignet sind. Auch Kickboxen kann sinnvoll sein, wenn (fett: wenn!) es kindgerecht aufbereitet wird! Das bedeutet dann aber, daß das Kindertraining letztendlich sehr stark in den Zielsetzungen von dem eigentlichen Stil abweicht. Kindertraining im Kickboxen darf eben nicht schon darauf angelegt sein, einen ´Gegner´ auszuknocken. Bedenkenswert ist auch die Vorbildfunktion, die die erwachsenen Sportler ausüben. Und da ist beispielsweise Kickboxen eben nicht ganz so vorbildlich, wie es Judo ist. In jedem Falle ist es ratsam, sich darum zu kümmern, wie das Training aufgebaut ist, bzw. sich einmal mit den Trainer/innen über Trainingsmethoden und Ziele zu unterhalten.

Etwa ab einem Alter von 12-15 Jahren ist das Kind so gereift, daß 'harte' Selbstverteidigungstechniken geübt werden können. Auch die körperliche Kraft ist dann so weit ausgebildet, daß diese Techniken auch Wirkung zeigen können.


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